Die AL macht Schluss

Vor 19 Jahren wurde die AL gegründet. Es waren mehrheitlich Teenager und Twens, die radikale Ideen hatten und nach schneller Veränderung verlangten. Die AL wollte unbequem und unangepasst sein, wollte provozieren und konfrontieren. Es war die Zeit, in der die Rechte der Flüchtlinge und Grundfreiheiten eingeschränkt wurden, weil ein aufkommendes neoliberales Sicherheitsempfinden danach verlangte. Es war die Zeit, in der der Stadtpräsident lautes Lachen nach 22 Uhr mit Gassenterror beschrieb. Die AL war eine Protestbewegung gegen die etablierten Denkmuster der Politik. Sie hat in allen politischen Lagern für Stirnrunzeln, Kopfschütteln und zuweilen echten Zorn, ab und an hoffentlich auch für ein Schmunzeln sorgen können.

In diesen 19 Jahren hat die AL einen langen Weg zurückgelegt. Kantonsrat, Grossstadtrat, Stadtrat, Einwohnerrat Neuhausen, Stein am Rhein und Neunkirch, Gemeinderat Trasadingen, Erziehungsrat, Stadtschulrat und Bürgerrat. Die AL hat sich in vielen Räten eingenistet und zuweilen mit grossem Erfolg Politik machen können in diesen Institutionen. Das Durchschnittsalter der Exponent*innen ist gestiegen und damit auch die Glaubwürdigkeit unserer Politik und die Tragfähigkeit unserer Lösungen.

Nur: damit wurde die AL auch eingebunden. Zu Recht wurden Erwartungen an eine etablierte Kraft gestellt – von den Bürgerinnen und Bürgern, von den anderen Parteien, von den Medien. Wir wollten ja schliesslich auch ernst genommen werden. Aber das bedeutete zunehmend auch, dass der Handlungsspielraum enger wurde. Wie soll man mit diesem Dilemma umgehen? Kann man unangepasst und provokativ sein und gleichzeitig etablierte politische Kraft in allen Institutionen?

Die AL beantwortet diese Frage, wie sie nur eine Partei beantworten kann, die ihre wilden Wurzeln nie vergessen hat, nämlich mit nein. Und damit gibt es nur einen konsequenten Weg: Schluss machen. Wir waren gut darin, in die Institutionen zu drängen und die etablierte Politik herauszufordern. Unsere Exponent*innen sind in der Zwischenzeit zu echten Realpolitiker*innen geworden, die hervorragende und wichtige Arbeit in den Institutionen leisten. Aber dafür gibt es auch andere Gefässe. Keine andere Partei hat in den letzten Jahren so konsequent wie wir darauf geachtet, Frauen in politische Ämter zu bringen. Viele unserer etablierten und hoch geachteten Vertreterinnen und natürlich auch Vertreter werden ihre Arbeit unter neuem Banner fortsetzen. Die AL als Vertreterin des Unangepassten aber soll jüngeren Kräften, die hoffentlich so zornig sind, wie wir es waren, nicht im Weg stehen.

Mit 19 steht man an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Die AL hat entschieden: wir wollen nicht erwachsen werden.