Kalte Krieger im Zahlen-Dschungel

Gestern hat der Stadtrat wenige Tage vor dem Urnengang beschlossen, die Initiative “Zweckbindung der Baurechtszinsen” aus dem Rennen zu nehmen, weil Parlament und Öffentlichkeit mit falschen Zahlen getäuscht wurden. Die AL ist froh, dass diese Fakten noch vor dem Urnengang publik wurden. Immerhin fällt damit das Hauptargument gegen die Initiative wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Der Stadtrat kann nicht länger verheimlichen, dass Schaffhausen ohne die Initiative der AL in wenigen Monaten oder bestenfalls Jahren bodenpolitisch komplett handlungsunfähig sein wird. Abgesehen davon, dass sich der Stadtrat schweizweit zum Gespött gemacht hat, überwiegen also die positiven Aspekte. Könnte man meinen.

Der Widerruf der Abstimmung in letzter Sekunde ist aber leider nur der letzte Schildbürgerstreich. Die Landverkaufs-Extremisten der SVP arbeiten seit Jahren darauf hin, dass die Stadt Schaffhausen bodenpolitisch handlungsunfähig gemacht wird und der Bodenspekulation mit gebundenen Händen zuschauen muss.

Zuerst wurde ein unnützer Fonds geschaffen, dem ein Grossteil der Landverkaufs-Einnahmen neu zufliesst. Damit wurde dem Rahmenkredit für Land- und Liegenschaftenerwerb der bisher einzige Zufluss abgedreht. Früher oder später musste das in die Handlungsunfähigkeit führen, weil nur noch sehr beschränkt neue Mittel in den Rahmenkredit geflossen wären. Die Initiative der AL hätte die Baurechtszinsen als neuen Zustrom erschlossen. Initiativen von Juso und SP, die den Stadtrat jenseits des Rahmenkredits zu einer aktiveren Wohnraum-Politik gezwungen hätten, wurden rechtswidrig über Jahre verschleppt und verzögert. Als die AL mit zwei Initiativen nachlegte, sah die bürgerliche Stadtratsmehrheit ihre Chance: Anstatt weiterhin illegalerweise auf Zeit zu spielen, ging es auf einmal verdächtig schnell und sämtliche vier Initiativen wurden gleichzeitig zur Beratung gebracht. Hintergedanke dabei: bei vier Abstimmungen gleichzeitig würde die Bevölkerung die Übersicht verlieren und in der Verunsicherung alle Volksbegehren ablehnen. Es mussten nur noch ein paar Plakate mit surrealen Plattenbau-Motiven und Kalter-Kriegs-Rhetorik aufgestellt werden.

Solange im Stadtrat und im Grossstadtrat dieselben ideologiegetränkten Mehrheiten herrschen, ist leider kein Umdenken zu erwarten. Die AL ist darum mit der Verschiebung der Abstimmung nicht einverstanden. Wenn schon davon ausgegangen wird, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung von Preisigs Vorlage mit falschen Zahlen hat täuschen lassen, müssten beide AL-Initiativen, die inhaltlich stark zusammenhängen, verschoben werden. Die AL wird darum Stimmrechtsbeschwerde gegen den stadträtlichen Entscheid einreichen.