Rücktrittsforderungen von Zehnder sind haltlos

AL-Grossstadtrat Simon Stocker kontert die Rücktrittsforderung von Ratspräsident Edgar Zehnder (SVP) an die Adresse von Andi Kunz:

“Es geschah am helllichten Tag. Am Samstag, dem 27. August, mittags um 14.00 Uhr übermalten Christoph Schmutz und Andi Kunz sieben SVP-Plakate mit weisser Farbe. Sie taten dies nicht in einer Nacht- und Nebel-Aktion, sondern in aller Öffentlichkeit und im Wissen, um die möglichen rechtlichen Konsequenzen. Ihnen ging es in keinster Weise darum, möglichst viele Plakate zu beschmieren. Was die beiden wollten, war von weitaus grösserer Bedeutung.

Seit Jahren wird der öffentliche Raum für mehrere Millionen Franken mit SVP-Plakaten zugekleistert. Einmal sind es Ratten, einmal Schnauzträger, ein anderes Mal dunkelhäutige Hände. Das Bild wechselt, die Botschaft bleibt die gleiche. Dabei wird Ausländerinnen, Sozialhilfeempfängern, Linken oder Kosovaren die Schuld am ach so schlechten Leben in der Schweiz in die Schuhe geschoben.

Anständig und wie es sich für gute Schweizer und Demokraten gehört, schrieben wir Gegner einer solchen Politik Leserbriefe und suchten bei Standaktionen das Gespräch mit der Bevölkerung. Den Leserbriefen und Gesprächen kann man ausweichen, den SVP-Plakaten nicht.

Das Weisseln der Plakate war ein Zeichen des zivilen Ungehorsams. Die Aktion war wohl in rechtlicher, jedoch nicht in moralischer Sicht verwerflich und ein einmaliger und bewusster Verstoss gegen das Gesetz. Doch sie war zu keinem Zeitpunkt hinterhältig oder feige.

Empört verwiesen SVP-Exponenten auf die Meinungsäusserungsfreiheit hin. Wir stehen hinter diesem Recht, das unantastbar ist und mit aller Kraft verteidigt werden muss. Die Frage muss aber gestellt werden, weshalb es eine so grosse Partei wie die SVP nötig hat, mit Millionen von Franken Plakatwände zu mieten, diffamierende Plakate aufzuhängen und damit den öffentlichen Raum zu überschwemmen. Hier soll der Meinungsbildung offenbar mit ein paar Millionen Franken etwas nachgeholfen werden. Die sieben symbolisch übermalten Plakate sind daher ein Ausdruck von Notwehr der finanziellen Übermacht der SVP gegenüber. Wer es mit der Meinungsäusserungsfreiheit ernst meint, hätte auch keine Mühe, die Quellen und Höhe der Gelder hinter solchen Kampagnen offen zu legen. Ein Wettbewerb der Meinungen kann nur dort stattfinden, wo Transparenz und gleiche Voraussetzungen herrschen. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gewährleistet.

Nicht ausgerechnet, sondern gerade weil ein Lehrer und ein Parlamentarier gegen diese regelmässig wiederkehrende Plakatflut Zivilcourage gezeigt haben, verdient diese Aktion Respekt. Menschen in verantwortungsbewussten Rollen haben ihr Gesicht hingestellt und damit ein Zeichen gesetzt. Die Reaktion aus der Bevölkerung gibt ihnen recht. Sie sind keine Verbrecher, Vandalen oder blinde Ideologen, sondern Schmutz und Kunz wollten nur darauf hinweisen, dass der Inhalt und die unglaubliche Anzahl der Plakate ein Mass erreicht haben, welches das moralisch Vertretbare überschritten hat und dass die Freiheit zur freien Meinungsäusserung in Gefahr ist. Es braucht nicht weniger solcher Leute, sondern es braucht mehr solcher Leute, die in solchen Situation Zivilcourage zeigen.

Dass es der Präsident des Grossen Stadtrates nicht einmal für nötig hält, die Rücktrittsforderung dem Angeschuldigten ins Gesicht zu sagen, finde ich stillos. Dass die Diskussion dann geführt wird, wenn Andi Kunz sich dazu äussern kann, finde ich richtig.”

Alternative Liste Schaffhausen

Simon Stocker, Grossstadtrat

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