Blinder Parkplatzglaube

Unmittelbar hinter dem Bahnhof (Bleiche) sind 255 neue öffentliche Parkplätze entstanden. Und wie viele sollen nun als «Kompensation» auf dem Platz aufgehoben werden? 9? N-e-u-n! Unser Stadtrat übt sich mal wieder in seiner Lieblingsdisziplin: Mutlosigkeit. Wer die Einkaufszentren diesseits und jenseits der Kantons- und Landesgrenzen mit mehr Parkplätzen bekämpfen will, hat den Kampf bereits verloren. Die Einkaufstempel werden immer mehr und günstigere Parkplätze anbieten können. Wer sein Auto direkt und kostenlos vor den Verkaufsregalen parkieren will oder muss, wird die Einkaufszentren in jedem Fall vorziehen. Mit der ideenlosen Copy-Paste-Strategie von Pro City und FDP lässt sich die angespannte Situation in der Altstadt nicht verbessern. Extrempositionen wie jene von Stadtrat Raphaël Rohner und Pro-City-Chef Ernst Gründler helfen den Gewerbetreibenden in der Altstadt nicht weiter. Wer Kompromisse einfordert und gleichzeitig einen weiteren (?) Abbau von Parkplätzen kategorisch ausschliesst, beweist nicht nur, dass er nicht zählen kann, sondern auch seine Unglaubwürdigkeit. Die AL steht weiterhin zum historischen Kompromiss in der Parkplatzfrage. Und wir können uns auf über 1‘000 Mitstreiter stützen, die vor einem Jahr innert Kürze unsere Petition zur Umsetzung des Parkplatzfriedens unterschrieben haben. Wir sind nicht für weniger Parkplätze sondern für deren Verlagerung in Parkhäuser. Wenn dadurch Plätze freigespielt können und die Fussgängerzone erweitert wird, profitieren die Bewohner, die Besucher und nicht zuletzt auch die Ladenbesitzer in der Altstadt. Wir halten es für vielversprechender, der Konkurrenz mit jenen Stärken entgegenzutreten, die unsere Altstadt als Lebens- und Einkaufsort attraktiv und unverwechselbar machen. Wir ziehen die Altstadt den Einkaufszentren bewusst vor, weil wir hier vom Autoverkehr ungestört, im Tageslicht und in Sicherheit mit unseren Familien flanieren und einkaufen können. Wir stehen auf das Gewusel am Wochenmarkt, gemütliche Strassencafés und freuen uns über genügend Sitzgelegenheiten in belebten Gassen. Da können uns Gratisparkplätze in Herblingen oder Jestetten gestohlen bleiben! Die Altstadt braucht nicht mehr Parkplätze, sondern Plätze und Gassen, auf denen Begegnung stattfinden und auch das Einkaufen Vergnügen macht. Stadtrat Simon Stocker hat recht, wenn er die Pro City auffordert, sich nicht verkrampft an die oberirdischen Parkplätze zu klammern, sondern endlich Ideen und eine Strategie zu produzieren, wie die Attraktivität der Altstadt nachhaltig verbessert werden kann. In unserem offenen Brief im August 2014 haben wir der Pro City zahlreiche Vorschläge gemacht. Ein gemeinsamer Kinderhütedienst, die Anrechnung des Bus- oder Zugbilletts an den Einkauf und Hauslieferdienste waren nur drei davon. Es gäbe noch viele weitere. Deshalb fordern wir von allen Beteiligten: Mehr Mut! Mehr Ideen! Mehr Originalität! Mehr Selbstvertrauen!

Für die AL-Fraktion des Grossen Stadtrates

Andi Kunz
Bea Will
Martin Jung
Daniel Böhringer