Lancierung der Initiative für Beruf und Familie «Tagesschulen 7to7»

Wir lancieren unsere neue Initiative mit  dem schlanken Text:
Eltern, deren Kinder während ihrer obligatorischen Schulzeit einen öffentlichen Kindergarten oder eine öffentliche Schule besuchen, haben bis zum Abschluss der Primarschule an allen Schultagen während zwölf Stunden Anspruch auf unentgeltliche Betreuung ihrer Kinder.
Schon am ersten Tag haben wir über 200 Unterschriften gesammelt.

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Tagesschulen – von allen gefordert, doch passiert ist nichts

Von Simon Stocker, Stadtrat

Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat in Schaffhausen eine lange politische Tradition. Es gab schon zahlreiche Vorstösse und Abstimmung auf Ebene Kanton und Stadt. Der Regierungsrat hat bereits in einigen Stellungnahmen und auch in seinen Legislaturschwerpunkten auf diese Wichtigkeit hingewiesen. Doch alleine beim politischen Wille und der Umsetzbarkeit stockt es. Ich erinnere an die Vorstösse Peyer (Postulat Konzept, 2006), Munz (Postulat familienfreundliches Schaffhausen, 2010), an das Postulat Fürer (Zugang zu Tagesschulen, 2013) oder die Motion Flückiger im Stadtparlament (Hortplätze 2010). Aber auch die Alternative Liste hat sich schon mehrfach politisch dazu geäussert. Obwohl Regierung und Parlament schon mehrfach das Anliegen unterstützt haben, ist bisher wenig passiert. Nun muss das Volk ein Machtwort sprechen und die Regierung zur Umsetzung zwingen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur politisch unbestritten, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Unsere Initiative darf auch als Gegenmodell zur Standortattraktivierung durch Steuersenkungen verstanden werden. Dieses Modell wird seit Jahren gepredigt und dort war man bisher bereit, Finanzen zu investieren; sprich dem Kanton Geld zu entziehen. Der Erfolg ist bekannt. Wir wollen eine Umkehr. Geld investieren und zwar in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Pustekuchen!

Von Angela Penkov, Nationalratskandidatin

Seien wir ehrlich: Begibt man sich zur Mittagszeit in den Kindergarten, um den eigenen Sprössling abzuholen, sieht Frau dort vor allem eines: Mütter. Vereinzelt einen Vater und ein bis zwei Betreuerinnen eines Hortes. Und seien wir ehrlich: Kommt das Kind mittags von der Schule, steht leider in den meisten Fällen noch immer eine am Herd: Die Mutter. Und seien wir ehrlich: Das Väter/Mütter Verhältnis auf Spielplätzen ist in etwa 1:10.
Wenn wir nun das traditionelle Familienmodell alle leben und lieben würden, würde dieses Ungleichgewicht wohl niemanden gross stören.
Nun sind wir aber in der Jetzt-Zeit angekommen, in der Frauen anerkannterweise nicht nur über ein Stimmrecht, sondern auch gleiches Potential, gleiche Ausbildung, gleiche Qualifikationen verfügen, um ihrer Berufstätigkeit nachzugehen. Und somit müssten auch gleich lange Stecken her, bzw. Chancen gewährleistet sein. Dies ist leider nicht der Fall, wenn man die Realität überprüft.
Den Familien-Beruf-Spagat zu schaffen, erfordert für Eltern nicht nur enorme Organisationsarbeit: Der Chindsgi beginnt um halb 9, die Arbeit hingegen um 7 Uhr, sondern auch einen grossen finanziellen Aufwand: Das Angebot an subventionierten Krippen und Hortplätzen entspricht der Nachfrage bei weitem nicht. Für einkommensschwächere Familien, insbesondere alleinerziehende Mütter oder Väter bedeutet dies schlicht eines: Ein Armutsrisiko.
Jede und Jeder soll das Familienmodell leben dürfen, das ihr/ihm entspricht. Gefördert werden durch unsere nicht oder zu wenig vorhandenen Tagesstrukturen aber vor allem eine Gruppe: die Einverdienerhaushalte.
Wir hinken familienpolitisch unseren nördlichen Nachbarn weit hinterher, wenn es um ergänzende Betreuungsangebote geht. Und diese bieten uns den Beweis: Familienfreundlichkeit und florierende Wirtschaft harmonieren blendend, unter anderem auch durch die geförderte Erwerbstätigkeit der Frau.
Wir fordern daher eine zeitgemässe Familienpolitik. Wir fordern Fortschritt. Und wir fordern 7to7: Flächendeckende Tagesstrukturen, die gewährleisten, dass ein Kind nach Bedarf während zwölf Stunden eines Tages ergänzend betreut wird.

 

Ein fortschrittliches Land muss für Familien attraktiv sein

Von Isabelle Lüthi, Nationalratskandidatin

So wie die Situation im Moment ist, besteht für Eltern de facto eine geringe Wahlfreiheit, wenn es darum geht, Kinder und den Beruf unter einen Hut zu bringen.
Vor allem für Frauen ist diese Wahlfreiheit eingeschränkt.
Der Staat investiert viel in die Ausbildung von Frauen, sie selbst investieren Zeit, Energie und ebenfalls Geld. Trotzdem aber ist es noch immer so, dass viele Frauen nach der Geburt eines Kindes für längere Zeit oder gar für immer auf die Ausübung eines Berufs verzichten (müssen). In den letzten 30 Jahren hat der Anteil von Frauen, die studieren, stark zugenommen. Im Moment studieren sogar mehr Frauen als Männer. Mit zunehmender Hierarchiestufe aber verschwinden die Frauen immer mehr im akademischen Umfeld: Noch immer ist ein deutlich kleinerer Teil der Professuren an Unis von Frauen besetzt. Nicht anders ist das Bild in der Wirtschaft: Noch immer gibt es doppelt so viele Männer wie Frauen in Führungspositionen, Frauen arbeiten häufiger Teilzeit, verdienen weniger.
Ein Grund für diese ungleiche Verteilung in der Schweiz sind fehlende Betreuungsangebote. Keine oder überteuerte Tagesschulplätze zwingen Eltern dazu, sich zwischen Kind und Beruf entscheiden zu müssen.
Gesamtwirtschaftlich gesehen ist es ein Unsinn, dass gut ausgebildete Frauen nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben müssen. Sie bezahlen somit weniger Steuern und haben kaum Chancen, in ihre Pensionskasse einzuzahlen. Es ist ein Unsinn, den Fachkräftemangel im Land zu beklagen und dann inländisches Potenzial doch nicht gänzlich zu nutzen.
In diesem Sinne: Flächendeckende Tagesstrukturen sind eine richtige Wirtschaftsförderung und ermöglichen es, Kinder zu haben und trotzdem berufstätig zu sein.
Wenn die Betreuungsangebote weiterhin so lückenhaft sind, wird dies dazu führen, dass immer weniger Paare Kinder haben wollen und vor allem können. Eine solche demografische Entwicklung können wir nicht verantworten.
Ein fortschrittliches Land muss attraktiv sein für Familien. Es muss jungen Eltern gleichzeitig Arbeitsmöglichkeiten bieten und die Familiengründung unterstützen. Sie müssen die Wahl haben.

 

Der Weg ist das Ziel oder die «Geburt» einer Initiative

Von Bea Will, Grossstadträtin und AL Familien-Vorsitzende

Der Weg bis zur Geburt eines Kindes dauert 40 Wochen – ungefähr solange hat die AL nun über ihrer Initiative für Beruf und Familie «Tagesschulen 7to7» gebrütet bis sie nun heute an die Luft darf.
Diese relativ kurze Zeit ist nicht zu vergleichen mit all den Zeiten, welche schon verstrichen sind, seit erste PolitikerInnen in unserem Kanton und unserer Stadt sich mit den Themen «familienergänzende Tagesbetreuung», «Schaffung von Hortplätzen» und «Tagesschulen» erstmals in den Parlamenten auseinandergesetzt haben und welche zwischenzeitlich teilweise sang- und klanglos in Schubladen verschwunden sind.
Wir dachten uns: Es ist Zeit und passend, dass wir uns als kleine, junge Familienpartei diesem «alten» leidigen Thema «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» erneut und beharrlich annehmen müssen, da sonst weiterhin einfach nichts passiert.
Mittlerweile hat die AL sieben junge Familien mit insgesamt elf kleinen Kindern, welche alle noch ins Schulsystem kommen oder bereits integriert sind und wir wünschen uns vielleicht noch für unsere, aber vor allem für alle jungen Familien, dass es endlich vorwärts geht!
Fakt ist: Das heutige Angebot geht zu wenig weit, es ist zu gering und steht nicht allen Menschen mit Kindern zur Verfügung.
Eltern, welche wie wir, schon seit ein paar Jahren den Spagat zwischen Familie, Beruf und einer anspruchsvollen «Freizeitbeschäftigung» wie z.B. Politik machen, sind es längst müde das System so hinzunehmen wie es heute ist.
In der Arbeitsgruppe «Familien» der AL haben wir viel diskutiert, wie wir unsere Initiative nennen wollen, was sie alles beinhalten soll und wie sie nachher umgesetzt werden könnte. Wir haben ein paar Fragen für uns noch offen gelassen und freuen uns jetzt auf die kurzen oder auch gerne einmal etwas längeren Debatten auf der Strasse. Wünschenswert wären natürlich konstruktive Geschichten.
Wir haben während der «Schwangerschaft» auch Rücksprache mit unseren ältesten Polithasen der AL genommen, um zu erfahren, wie wir unsere Forderungen juristisch korrekt auf die Bühne bringen.
Final haben wir als «Hebamme» unserer Initiative eine uns bekannte Juristin beigezogen, welche uns mit der richtigen Formulierung geholfen hat dieses «Baby» gesund zu gebären.
(Äxgüsi: Ich muss grad selber etwas grinsen über diese Metaphorik;)
Das erste Sammelwochenende liegt bereits ein paar Tage hinter uns und wir freuen uns von Herzen darüber, dass die Menschen in unserer Stadt die Initiative für Beruf und Familie «Tagesschulen 7to7» schon am ersten Tag mit 200 Unterschriften in unserer kleinen Welt begrüsst haben.
Es zeigt uns schon heute, dass wir mit der Initiative den Nerv der Zeit getroffen haben, dass viele Menschen auf beste Investitionen in die Zukunft warten und sich eine grösstmögliche Wahlfreiheit im Bereich «Vereinbarkeit von Beruf und Familie» wünschen.
Wir jubeln schon leise, dass eine unserer besten ersten «Weltrettungsmassnahmen» offensichtlich auf fruchtbaren Boden fällt!