Regierung will transparente Politikfinanzierung in Schaffhausen verhindern
Der Schaffhauser Regierungsrat weigert sich, die Transparenz-Initiative umzusetzen. Stattdessen beantragt er, die vom Volk gewünschte Transparenzregelung bis auf den letzten Buchstaben wieder aus der Verfassung zu streichen. Das ist ein unwürdiges Verhalten für sogenannte “Volksvertreter”.
Nimmt der Kantonsrat eine Motion an, so dauert es normalerweise mehrere Jahre, bis irgendwann einmal die Regierung den parlamentarischen Auftrag beantwortet oder umsetzt. Nicht so bei der kürzlich knapp (28:24) überwiesenen Motion Heydecker mit dem schönfärberischen Titel «Mehr Transparenz – aber mit Augenmass». Der Regierungsrat beantragt nun (Bericht und Antrag vom 18. Januar 2022 zur Umsetzung der Motion 2021/7) jene Motion eins zu eins umzusetzen: Dies bedeutet, dass die erst im Februar 2020 vom Schaffhauser Stimmvolk angenommenen Volksinitiative «Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenzinitiative)» bereits wieder vollständig aus der Verfassung herausgestrichen werden soll – nicht ein einziger Buchstabe der angenommenen Volksinitiative bliebe übrig!
Dieses Vorgehen ist schlicht skandalös. Dass sich Volksvertreter erdreisten, nur kurz nach der Annahme einer Initiative bereits wieder «Tabula rasa» zu machen und ihm eine knappe Parlamentsmehrheit folgt, ist schon frech genug. In der bald 200-jährigen direktdemokratischen Geschichte der Schweiz hat so weit ersichtlich noch keine Regierung je ein solches Gabaren unterstützt und vorangetrieben. Es widerspricht jedem direktdemokratischen Anstand und Treu und Glauben im Umgang mit den hierzulande hochgehaltenen Volksrechten. Dabei haben Regierung und Kantonsrat noch nicht einmal einen einzigen Anlauf genommen, den Verfassungsauftrag umzusetzen.
Zwar will die Regierung nicht nichts tun. Sie skizziert in ihrem Bericht unverbindlich einige Eckpfeiler, wie ein neues Transparenzgesetz aus ihrer Sicht aussehen könnte. Damit würden jedoch den Bestrebungen zur Offenlegung der Politikfinanzierung jegliche Zähne gezogen:
- Firmenspenden sollen erst ab Fr. 3000 publik gemachten werden. Das ist viel zu hoch, juristische Personen bedürfen keines Schutzes ihrer «Privatsphäre». Die Schaffhauser Stimmberechtigen wünschen integrale Transparenz bei Einflussnahme durch Unternehmungen, Stiftungen usw.
- Überhaupt sollen erst Kampagnen ab einem Gesamtaufwand von Fr. 10‘000 unter das Transparenzregime fallen. Damit könnten aber grosse Einzelspenden bis zu Fr. 9999 komplett verheimlicht werden! Ausser in der Stadt Schaffhausen würde kaum je eine kommunale Abstimmung oder Wahl offenlegungspflichtig.
- Gemäss Regierungsvorschlag sollen die wenigen verbleibenden offenzulegenden Spenden erst 60 Tage nach der Abstimmung/Wahl publiziert werden. Das ist unnütz, diese Informationen müssen vorab in die Willensbildung einfliessen. So wie es übrigens die nationale Transparenz-Gesetzgebung ab 2023 auch vorsehen wird (sofortige Offenlegung der Spenden vor dem Urnengang).
- Neu sollen gar anonyme (!) Spenden erlaubt sein (bis zu 1000 Franken pro Jahr und Empfänger). Es ist selbstredend, dass dies jeglichem Transparenzgedanken diametral widerspricht. Der Bund (nationale Wahlen und Abstimmungen) verbietet ab 2023 jeden einzelnen anonymen Rappen.
- Die Regierung will schliesslich auf die Offenlegung der Interessenbindungen von Kandidierenden (bspw. für Stadtpräsidium, Kantonsrat, Regierungsrat, Ständerat) komplett verzichten. Und selbst gewählte Amtsträger wie Richterinnen, Staatsanwälte, Spitalrats- oder Kantonalbank-Präsidenten will die Regierung von der Publikation der Interessenbindungen befreien. Was haben diese Amtsträgerinnen und Staatsangestellten zu verbergen, was das Volk nicht wissen darf?
Die Unterzeichnenden sind schockiert über das dreiste Ansinnen und werden daher in den kommenden Wochen alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten ausloten, um der Schaffhauser Bevölkerung endlich echte Transparenz zu bieten. So, wie sie es am 9. Februar 2020 bereits unmissverständlich gefordert und beschlossen hat.